Männer 1 vs. HSG Marbach-Rielingshausen | 24:28 (14:9)

Männer 1 vs. HSG Marbach-Rielingshausen | 24:28 (14:9)

Das ist Kunst, das versteht ihr nicht 

Musikempfehlung für diesen Beitrag: Rainald Grebe - Künstler

Sportler werden oft mit Künstlern verglichen. Ivano Balić war der Mozart des Handballs, Gustavo Kuerten der Picasso des Tennis, und Marcos António immerhin der Joseph Beuys des Fußballs (kleiner Scherz für die Zielgruppe der kunstaffinen Bundesliganerds mit Faible für die Transferflops der 2000er, also schätzungsweise fünf Personen weltweit). Auch die HSG-Mannen hatten sich am Samstag in ihre Malerkittel geworfen, um sich ein ähnliches Prädikat zu verdienen, und hatten sich dafür ein ganz besonderes Vorbild ausgesucht:

Der Schimpanse Congo malte, von seinem Pfleger mit Farbe und Pinsel ausgestattet, während seines Lebens rund 400 Bilder. Die Werke werden meist dem abstrakten Impressionismus zugeordnet und zeigen keine Szenen oder Figuren aus der realen Welt. Vielmehr geben sie uns als Menschen Einblick in die Essenz des Schimpansentums, zumindest sofern das Schimpansentum so aussieht, wie wenn man einen Zweijährigen mit ADHS für fünf Minuten mit ein paar Töpfen Fingerfarbe allein lässt. Genau diese Energie und Expressivität soll sich auch bei uns entfalten. Unsere Leinwand ist das Spielfeld! Der Ball unser Pinsel! Das Harz unser Pigment! Wohlan!

So ist und bleibt es auch faszinierend, der Entstehung eines solchen Kunstwerks direkt beizuwohnen. Was geht im Kopf des Künstlerkollektivs vor, wenn der Ball mal wieder weit neben dem Tor landet? Ist es ein Symbol für die Verfehlungen, die wir alle unweigerlich in unserem Leben begehen werden? Ein lauter Aufschlag auf dem Holz der Wandvertäfelung, um uns unserer Verantwortung gegenüber der Natur und Mutter Erde klar zu werden? Als Künstler antwortet man nicht mit Worten, man antwortet durch sein Werk. Immerhin, trotz aller Unbestimmtheit sind durchaus ordentliche Ergebnisse zu erkennen. Kurz vor der Halbzeit sogar eine Sechs-Tore-Führung – das Gemälde nimmt Gestalt an. Bevor es aber endgültig in die kurze Schaffenspause geht, ruft Coach und Vorsitzender der Künstlerkollektivs Reiner Havenith seine Pinseläffchen zur kurzen Strategiebesprechung: Keine überhasteten Aktionen, den finalen Strich für den dramatischen Effekt bis zum letzten Moment herauszögern. Stattdessen landet der Ball allerdings nach drei Pässen direkt in den Händen des Gegners, der den entstehenden Konter prompt verwandelt. Ein kleiner hässlicher Striemen auf der Leinwand, aber Bob Ross hat uns gelehrt: „There are no mistakes, just happy little accidents“.

Auf in die zweite Hälfte. Was werden die Nachwuchsmichelangelos jetzt aufs Papier bringen? Vielleicht der letzte Feinschliff an den noch etwas verwaschenen Ecken und Kanten? Oder sogar eine Zurschaustellung der eigenen Klasse, mit Techniken, die sonst nur dem Talent der Allergrößten vergönnt sind?

Ah, ein weiterer Striemen, wie schon direkt vor der Pause. Und noch einer. Wiederholung führt zu Legitimierung. Ein einzelner Fleck wirkt wie ein Fehler. Viele Flecke wirken wie ein gewolltes Symbol, eine Allegorie: „Seht genau hin, hier war einst eine komfortable Führung, doch sie ist nicht mehr. Sie wurde zunichte gemacht von einfachsten Gegentoren, und ihrer Schönheit gänzlich beraubt.“ Noch ein Gegentor, dass seinen Abdruck auf dem Werk hinterlässt. Und noch eines. Die schöne Führung, die hier einst zu sehen war, ist nur mehr eine vage Erinnerung. Und plötzlich ist die Matinée zu Ende. Übrig bleibt ein wildes Gekrakel, keine Spur mehr von den Ansätzen, die zu Beginn noch zu sehen waren. Kein Schimpanse hätte es besser hinbekommen.

Mit der Niederlage rutscht die HSG vorläufig auf den zehnten Tabellenplatz ab. Wenn man die letzten beiden Partien betrachtet und nachrechnet, wo man jetzt bei jeweils besseren Leistungen stehen würde, kann man sich nur reichlich ärgern. Mindestens so sehr wie früher, wenn man keinen weißen Bastelkleber für Art Attack zuhause hatte. Für die Partie in Kornwestheim am nächsten Samstag sollte man sich jedenfalls etwas anderes überlegen. Vielleicht Fröbelsterne basteln oder Scherenschnitte oder sowas.

Haben zu lang am Uhu geschnüffelt:
Tor: Heiko Günther, Sascha Rollinger
Feld: Moritz Bausch (1), Kevin Baumert, Max Bauer (5/3), Nils Schäufelin (4), Marc Maier (1), Fabian Schäfer (5), Marco Weber, Patrick Kern (3), Sergio Santos Caballero (2), Tobias Gröner, Sebastian Zink (3)
Auf der Bank: Reiner Havenith

Männer 1
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